Wirecard: Kanzleramt setzte sich für Finanzdienstleister ein

Ex-Verteidigungsminister Guttenberg lobbyierte bei der Bundeskanzlerin für den Skandalkonzern Wirecard – mit Erfolg: Nach SPIEGEL-Informationen wurde ein geplantes Geschäft auf Merkels China-Reise zur Sprache gebracht. …

Von Sven Becker, Rafael Buschmann, Nicola Naber, Gerald Traufetter, Christoph Winterbach, Michael Wulzinger

Vor ihrer China-Reise Anfang September 2019 unterhielt sich die Kanzlerin mit einem alten Bekannten, ihrem früheren Wirtschafts- und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. Der heutige Unternehmer war zu jener Zeit mit seiner Firma Spitzberg Partners als Berater für den Zahlungsdienstleister Wirecard tätig. Der Konzern aus Aschheim bei München galt damals noch als Deutschlands aufstrebendes Fintech-Unternehmen. Und was Guttenberg seiner ehemaligen Chefin an jenem 3. September berichtete, muss sie überzeugt haben.

Denn Guttenberg durfte anschließend Merkels Abteilungsleiter für Wirtschafts-, Finanz- und Energiepolitik, Lars-Hendrik Röller, über den „beabsichtigten Markteintritt von Wirecard in China unter Beifügung eines Kurzsachstandes unterrichten“. Außerdem bat Guttenberg um „Flankierung im Rahmen der China-Reise“. Dies erklärte das Kanzleramt am Freitagnachmittag auf Anfrage des SPIEGEL.

Das Werben Guttenbergs hatte Erfolg, wie eine Regierungssprecherin einräumt: „Herr Röller hat Herrn zu Guttenberg nach der Reise am 8. September 2019 per E-Mail geantwortet, dass das Thema bei dem Besuch in China zur Sprache gekommen ist und weitere Flankierung zugesagt.“ Wer Wirecards geplanten China-Deal ansprach, ob Merkel persönlich oder ihre Entourage, ließ das Bundeskanzleramt bislang offen.

Der Einsatz des Kanzleramts für Wirecard birgt aber in jedem Fall Sprengstoff: Die Unterstützung von höchster Ebene für das geplante China-Geschäft dürfte die Debatte um die Rolle der Bundesregierung im Falle des mittlerweile insolventen Zahlungsdienstleisters weiter befeuern. Zumal die Firma, bei der Wirecard dann tatsächlich Ende des Jahres einstieg, ein skandalumwittertes Unternehmen ist: Allein 2020 musste AllScore Payment Services in China eine Rekordstrafe wegen Verflechtungen in die Glücksspielbranche zahlen.

Bislang steht in Berlin vor allem Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) in der Affäre um die Skandalfirma Wirecard im Fokus. Im Februar 2019 ließ sich der Vizekanzler über die Vorwürfe, die es damals schon gegen Wirecard gab, das

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