Angesichts der seit mehr als einer Woche andauernden Massenproteste in Belarus (Weißrussland) schickte die Oppositionskandidatin Swetlana Tichanowskaja eine Video-Botschaft aus ihrem litauischen Exil. Darin signalisiert die 37-Jährige, sie könne die Führung des Landes übernehmen. Sie sei bereit, Verantwortung zu tragen und übergangsweise „als nationale Anführerin zu handeln“, so Tichanowskaja, die bei der Präsidentenwahl vor gut einer Woche nach offiziellen Angaben gegen den amtierenden Staatschef Lukaschenko verloren hatte. An dem Ergebnis gibt es international jedoch erhebliche Zweifel.
Die Oppositionelle macht in dem Video deutlich, dass sie nie vorgehabt habe, „Politikerin zu sein“. Doch habe das Schicksal dazu geführt, „dass ich mich an der Frontlinie einer Konfrontation gegen Willkür-Herrschaft und Ungerechtigkeit wiederfinde“. Aus Angst um ihre Sicherheit und die ihrer Kinder war Tichanowskaja kurz nach der Wahl ins Nachbarland Litauen geflohen.
Auch Staatsbetriebe streiken
Sie hoffe, dass sich mit diesem Schritt das Land beruhige, alle politischen Gefangenen freigelassen und so bald wie möglich eine neue Präsidentenwahl angesetzt werden könnte, sagt Tichanowskaja weiter. Auch Staatschef Alexander Lukaschenko meldete sich zu Wort. Bei einem Besuch des staatlichen Fahrzeugherstellers MZKT lehnte er Neuwahlen ab. Zwar sei er bereit seine Macht zu teilen, aber er wolle dies nicht unter dem Druck der Demonstrationen tun.
Mitarbeiter streiken vor dem Gebäude des staatlichen Fahrzeugherstellers MZKT in der Hauptstadt Minsk
Seit der Wahl kommt es in Belarus landesweit zu Protesten, bei denen Demonstranten den Rücktritt Lukaschenkos und einen politischen Wandel fordern. Dabei wurden tausende Menschen vorübergehend festgenommen, mindestens zwei Demonstranten wurden getötet. An diesem Montag traten auch mehrere Tausend Arbeiter von Staatsbetrieben in den Streik – darunter auch Angestellte von MZKT. Die Fabriken gelten in der Ex-Sowjetrepublik als elementar für das Funktionieren des Staates. Experten gehen davon aus, dass Lukaschenko über die Arbeitsniederlegungen nach 26 Jahren an der Macht
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