EZB: Warum das Bundesverfassungsgericht-Urteil die EU stärkt, nicht schwächt

Das Bundesverfassungsgericht hat die Anleihenkäufe der EZB beanstandet. Viele sehen in dem Urteil eine Gefahr für die Stabilität der EU – dabei wirkt der Richterspruch der Scharfmacherei rechter EU-Verächter entgegen. …

Von Christine Lagarde ist überliefert, dass sie, damals noch Chefin des Internationalen Währungsfonds, auf dem Höhepunkt der Eurorettungskrisengespräche im Jahre 2012 Folgendes gesagt haben soll: „Wenn ich noch einmal ‚Bundesverfassungsgericht’ höre, verlasse ich den Saal.“ Derzeit dürfte die Französin, mittlerweile Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), ein Déjà-vu erleben.

Mit einem spektakulären Urteil hat der 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts vorige Woche geurteilt, dass die EZB mit bestimmten Staatsanleiheankäufen („Public Service Purchase Programm“, PSPP) die ihr durch die EU-Mitgliedstaaten übertragene Kompetenz überschritten habe. Gleiches gelte für den Europäischen Gerichtshof (EuGH), weil dieser die entsprechenden Beschlüsse der EZB in einer Weise, die „methodisch schlechterdings nicht mehr vertretbar“ beziehungsweise „nachvollziehbar“ sei, für rechtens befunden habe. In der Wortwahl von Juristen kommt das einer heftigen Klatsche gleich.

Geldpolitik mit wirtschaftspolitischen Nebenwirkungen

Worum geht es konkret? Nach dem EU-Vertrag hat die EZB die Aufgabe, in der Eurozone Preisstabilität zu gewähren. Das wiederum ist nur möglich, wenn die Märkte über eine ausreichende Liquidität verfügen. Aus diesem Grund ist die EZB bestrebt, Banken in den einzelnen Mitgliedstaaten Staatsanleihen abzukaufen, damit die Geldhäuser die so erlangte Liquidität in Form von Krediten in die einzelnen Märkte pumpen können.

Derartige, monetär motivierte Aufkäufe können allerdings signifikante wirtschaftspolitische Nebenwirkungen haben, vor allem weil durch die Erhöhung der Kreditvolumina die Zinsen sinken. Das wiederum kann sich negativ auf Sparvermögen und private Altersvorsorgepläne auswirken und zur Blasenbildung auf den Immobilienmärkten führen. Für die Wirtschaftspolitik sind nach europäischem Recht jedoch weder die EZB noch anderweitige Organe der EU originär zuständig.

Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts hätten EZB und EuGH deshalb ganz genau überprüfen müssen, ob die nach außen hin rein geldpolitisch motivierten Anleihenankäufe im Hinblick auf mögliche wirtschaftspolitische Effekte „verhältnismäßig“ sind. Da dies nicht passiert sei, habe sich die EZB zulasten der EU-Mitgliedstaaten Kompetenzen angemaßt, die sie nicht

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